Dank eines knappen Auswärtssiegs beim ebenfalls gefährdeten FC Erlinsbach gelang den Blues im Schlussspiel der Meisterschaft der Klassenerhalt in der 1. Liga. Das einzige Tor des Spiels erzielte Sese mit einem Kunstschuss, der beim Tor des Monats Chancen hätte. Es war aber auch ein Produkt unserer Mittelfeld-Raute, denn ohne die brillante Vorarbeit von Anja und Simona wäre der spektakuläre Treffer nicht möglich gewesen
"Hörst du was?", fragte Paede, bevor wir für die Besprechung vor dem Spiel die Kabine betraten. Nein, ganz anders als sonst war es in der Umkleide der Blues mucksmäuschenstill - eine Atmosphäre wie vor den Finalspielen des FVRZ-Regionalcups, die wir bis zum Aufstieg 2019 mehrmals erleben durften. Paede betonte denn auch die Parallelen. Gewinnen würde das Team, welches seine Nerven besser unter Kontrolle halten konnte. Es gebe keinen Grund zur Sorge: Unser Frauen 1 habe alles, was es für einen Sieg brauche.
Tatsächlich war die Erfahrung mit solchen Situationen einer der Trümpfe der Blues an diesem Abend, an den wir noch lange zurückdenken werden. Ein anderer war paradoxerweise die Tabellensituation. Es war klar, dass wir ohne einen Sieg trotz der knappen Abstände bis hoch zu Platz 7 kaum mehr eine Chance hatten, den Abstieg zu verhindern. Das Heimteam dagegen hatte von Anfang an im Hinterkopf, dass ihnen ein Unentschieden genügen würde. Psychologisch ist das eher ein Nachteil, denn der Fokus geht fast von allein aufs Verteidigen, und wenn die Gegnerinnen dann doch ein Tor schiessen, ist es schwierig, den Schalter auf Angriff umzulegen. Selbst wenn das gelingt, bleibt die Situation delikat, denn man muss das Spiel öffnen und dennoch vorsichtig bleiben, weil bei einem zweiten oder dritten Gegentreffer schnell alles vorbei sein kann.
Die Blausterne zeigten denn auch von Anfang an, dass sie nichts zu verlieren oder zu verschenken hatten. Das Veo-Video des ganzen Spiels unter dem dritten Link liefert den Beweis. Schon kurz nach Beginn testeten sie die gegnerische Abwehr mit einem von Frankas gefürchteten Eckbällen, bei welchem sich das Heimteam gegen Mara nur mit einem Foul zu behelfen wusste. Die Variante vermochte Goalie Alina Bucher zwar noch nicht zu beunruhigen, aber ein Ausrufezeichen war gesetzt. In der 7. Minute schlug Anja eine Flanke, die immer länger wurde, so dass Sese sie mit dem Kopf nicht optimal erwischte. Nach einem weiteren Freistoss in der 21. Minute kam der Ball zu Sese, deren Schuss allerdings zu hoch geriet. Das Heimteam operierte dagegen vorwiegend mit langen Bällen. Wenn man etwas kritisieren konnte, dann waren es die vielen Eckbälle, die wir in solchen Situationen vor allem in der ersten Hälfte zuliessen. Dank Nati und ihrer konsequent agierenden Vorderleute wurde aber keiner davon wirklich gefährlich. Stattdessen gingen wir in der 30. Minute auf bilderbuchartige Weise in Führung: Anja dribbelte sich auf der linken Seite durch. Als sie sah, dass es vor ihr zu eng wurde, um es selber zu probieren, legte sie den Ball zu Simi P. zurück, die ihn ganz auf die rechte Seite zu Sese durchsteckte. Es sah schon so aus, als ob das Leder zu weit nach rechts gedriftet sei für einen erfolgreichen Versuch, aber Sese zog aus der Drehung ab und brachte ihren Schuss über die Torfrau hinweg in der weiten Torecke unter. Unser Youtube-Link am Ende der Bildstrecke erlaubt es euch, diesen herrlich herausgespielten Treffer immer wieder anzusehen, :). Er war ein weiteres Produkt unserer Rautenformation, die an diesem Abend in ihrer klassischen Variante antreten konnte (Anja, Franka, Simona P. und Sese).
Im weiteren Spielverlauf bis zur Pause und auch danach kontrollierten die Blues die Partie recht sicher. Das Glück hatten wir in der 46. Minute auf unserer Seite, als der Schiedsrichter Erlinsbach ein Offside abpfiff, das keines war. Brenzlig wurde es in der 77. Minute, als wir im Mittelfeld einen langen Ball nicht verhindern konnten, was Nati zu spät realisierte. Mara konnte die Situation aber bereinigen. Ab der 83. Minute kam auch noch die lange verletzte Morenike zum Einsatz. Das Team spielte den Stiefel souverän herunter und konnte sich am Ende über den Erfolg freuen.
Damit brachten die Blausterne eine schwierige Saison doch noch zu einem versöhnlichen Abschluss. An der Basis lag eine gute Rückrunde mit 16 Punkten aus 11 Spielen. Nicht verhehlen können wir, dass wir in der Offensive ein Problem haben, denn mit nur 18 Treffern haben wir so wenig Tore zustandegebracht wie kein anderes Team in der Liga. Die beeindruckende defensive Stabilität (12 der 38 Gegentore kassierten wir bei den Betriebsunfällen gegen NLB-Aufsteiger Oerlikon) vermochte das nur knapp aufzufangen. Umso wichtiger ist es, dass die Stimmung im Team stets gut war.
Einen Wermutstropfen gab es dann doch noch. Im Kreis teilte die Siegtorschützin Sese den Kolleginnen mit, dass dies vorerst ihre letzte Saison gewesen sei. Liebe Selina, wir danken dir von Herzen für die wundervolle Zeit, die wir mit dir in unserem Verein seit fast 18 Jahren erleben durften, und verstehen gut, dass du nach so langer Zeit ein wenig Abstand gewinnen möchtest. Ganz besonders gilt das für deinen alten Herrn, dem du mit deiner Begeisterung einen Zugang zum Fussball eröffnet hast, denn er sich vorher - da ohne jede fussballerische Begabung - nie im Leben hätte träumen lassen. Die Tür bei den Blues ist immer offen für dich - in welcher Rolle auch immer.
FC Erlinsbach - FC Blue Stars Zürich Frauen 1968 0:1 (0:1)
SR Murat Afsar
Tor FC Blue Stars Frauen: 30. Sese (Anja, Simona) 0:1